Lucie Merhautová schreibt über Rilke und Vrchlický

(, 27. 4. 2015)

Explizite Belege für das Verhältnis R. M. Rilkes zu Jaroslav Vrchlický gab es bisher nur zwei: ein Gedicht, das den Dichternamen im Titel trug und in der Sammlung Larenopfer (1895) erschien sowie ein Brief Rilkes vom Januar 1896. Lucie Merhautová legt im neuen germanobohemistischen Echo aus der Reihe Es schrieben einen dritten vor, ein Sonett Rilkes nämlich, das in der Gesamtausgabe fehlt und bisher in der Sekundärliteratur vermutlich unberücksichtigt blieb –  es war als Widmung in das Exemplar der Larenopfer eingetragen, das Rilke an Vrchlický zusammen mit einem Brief schickte. In einem eigenständigen Echo stellt Merhautová die positive Rückmeldung auf Vrchlickýs Lyrik von Seiten deutschsprachiger AutorInnen und KritikerInnen und die wachsende Distanzierung der tschechischen Kritik einander gegenüber: „Rilkes Stilisierung als dankbarer Lehrling verfehlte gänzlich die Haltung der Vertreter der tschechischen literarischen Moderne gegenüber Vrchlický. […] Im gleichen Jahr, in dem Rilke Vrchlický ein Exemplar seiner Larenopfer schenkte, lehnte etwa F. X. Šalda [...] den Vergleich mit Goethe ab […] Šaldas Kritik hatte weitreichende Folgen, sie stand in direktem Widerspruch zu Alberts Bemühungen, das hohe Niveau tschechischer Literatur bzw. Kultur einem deutschsprachigen Publikum gegenüber unter Beweis zu stellen. Vrchlickýs Eklektizismus lehnte Šalda ab, nicht nur als ein ästhetisches, sondern hauptsächlich als ein moralisches Problem (als ‚geistige Prinzipienlosigkeit‘), das die ganze tschechische Gesellschaft betreffe.“


zpět | stáhnout PDF