Es schreibt: Thomas Englberger

(E*forum, 24. 11. 2021)

Wolfgang Schwarz ist Kulturreferent für die böhmischen Länder beim Adalbert Stifter Verein in München. In zahlreichen von ihm verantworteten oder (mit)organisierten Lesungen, Vorträgen, Ausstellungen usw. hat er in den letzten Jahren immer wieder sein profundesWissen über Geschichte und Gegenwart des deutsch-tschechischen Verhältnisses bewiesen. Er kennt zahlreiche Persönlichkeiten auf sudetendeutscher wie tschechischer Seite, ist bestens vernetzt und weiß, wie nuancenreich das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen auf dem Boden der böhmischen Länder einst war und wie individuell dieses Verhältnis bis heute sein kann.

 

Wolfgang Schwarz hat im lichtungverlag (Viechtach) ein Buch mit dem Titel Mein Weg zu unseren Deutschen. Zehn tschechische Perspektiven herausgegeben, in der er zehn Persönlichkeiten aus dem literarischen, künstlerischen und intellektuellen Leben Tschechiens zu Wort kommen lässt. Die Texte gehen ursprünglich auf mündliche Beiträge im Rahmen einer Vortragsreihe zurück, die in den Jahren 2016 bis 2018 gemeinsam mit dem Tschechischen Zentrum München veranstaltet wurde.

 

Mit Radka Denemarková, Magdalena Jetelová, Tomáš Kafka, Jiří Padevět, Lída Rakušanová, Jaroslav Rudiš, Erik Tabery, Mark Ther, Kateřina Tučková und Milan Uhde sind Schriftstellerinnen, Slawisten, Germanisten, Historiker, Publizistinnen, Vielspartenkünstler, Diplomaten und bildende Künstlerinnen verschiedener Generationen vertreten. Oft sehr persönlich und nicht beschönigend, geben sie Auskunft über ihre Erfahrungen mit der deutschen Kultur bzw. mit Menschen, deren biografische Wurzeln in den böhmischen Ländern liegen („unsere Deutschen“).

 

Die Publikation trägt den Titel Mein Weg zu unseren Deutschen und nicht etwa „Meine Beziehung zu unseren Deutschen“. Das ist eine nicht unwesentliche Akzentsetzung. Die Autorinnen und Autoren beschreiben kein statisches, einfachhin gegebenes Verhältnis zur deutscher Sprache und Kultur oder zu Deutschen böhmisch-mährischer Herkunft. Von z. T. sehr persönlichen Annäherungen ist die Rede. Die Schatten der Vergangenheit bleiben dabei stets erkennbar. Zugleich spricht aus den zehn Beiträgen eine große Bereitschaft, dem Schwierigen nicht auszuweichen, Verschwiegenes anzusprechen und den Stereotypen konkrete Erfahrungen und Begegnungen mit Menschen entgegenzusetzen.

 

So individuell der beschriebene Weg, so abwechslungsreich ist der Stil der zehn Beiträge. Einige Texte sind anekdotisch, andere poetisch, manche sachlich, manche mit Witz und Augenzwinkern verfasst. Die Lektüre ist nicht zuletzt deshalb abwechslungsreich und anregend. Fünf Beiträge waren ursprünglich auf Tschechisch verfasst und wurden von Wolfgang Schwarz erst ins Deutsche übersetzt. Jede der zehn Perspektiven ist ein „Plädoyer für eine vorurteilsfreie Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen“, wie es im Vorwort heißt. Das gilt auch für die Publikation als Ganzes.

 

 

Wolfgang Schwarz (Hg.): Mein Weg zu unseren Deutschen. Zehn tschechische Perspektiven. Viechtach: lichtungverlag, 2019, 160 S.


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