Es schreibt: Barbora Šrámková

(30. 3. 2022)

Im Berliner Verlag Frank & Timme erscheint eine literaturwissenschaftliche Reihe, die das Ergebnis einer einzigartigen, mehr als zehn Jahre dauernden Zusammenarbeit zwischen der Germanistik an der Prager Karlsuniversität und der Germanistik der Universität Leipzig darstellt. Die nunmehr vierte gemeinsam herausgegebene Publikation hat den vermutlich bekanntesten Roman von Max Brod zum Thema: Tycho Brahes Weg zu Gott, der im Jahr seiner Erscheinung (1915) zum Bestseller wurde. Eine Neuausgabe des Romans erschien im Rahmen der zwölfbändigen Ausgabe einer Auswahl aus dem Werk Brods im Jahr 2013. Unter dem Titel Zwischen Wissenschaft und Religion – „Tycho Brahes Weg zu Gott“ von Max Brod legen nun Studentinnen der beiden genannten Universitäten 19 Beiträge vor, die im Rahmen eines intensiven, einjährigen Projektes entstanden sind und die Brods Roman aus verschiedendsten Blickwinkeln eingehend analysieren. Es handelt sich somit nicht um einen gewöhnlichen Konferenzband, sondern um ein studentisches Projekt, und damit ist eine gewisse Unausgewogenheit der Beiträge verbunden. Das Spektrum reicht von Texten im Stil einer Seminararbeit bis zu sehr ambitionierten, durch sorgfältiges Studium von Sekundärliteratur untermauerten und argumentativ überzeugenden Beiträgen.

 

Wenn es überhaupt möglich ist, bei einer so heterogenen Textauswahl gedankliche Gemeinsamkeiten aufzuspüren, dann ist es die Beobachtung, dass bei vielen der Texte moderne Theorien und kulturwissenschaftliche Terminologien zur Anwendung kommen, z. B. der Machtbegriff von Michel Foucault, die Erzähltheorie von Gérard Genette oder die Theorie des Sterbens der schweizerisch-amerikanischen Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross, mithilfe welcher die Autorinnen (tatsächlich stammen die Sammelbandbeiträge nur von Frauen) die Romanhandlung und die Verbindungen zwischen den Figuren interpretieren. Häufig tauchen Begriffe auf wie: Machtmechanismen, Hierarchiegefälle, patriarchale Struktur, Unterwürfigkeit, Dominanz. Dies betrifft vor allem die Beiträge im letzten Drittel des Bandes, die diese Themen verstärkt behandeln. Ráchel Honsová analysiert in ihrem Text Tycho, das Familienoberhaupt: Patriarchale Familienverhältnisse mithilfe von zwei Referenztexten, dem Essay Ein Zimmer für sich allein von Virginia Woolf und der Encyclopedia of Sex and Gender, die Beziehungen und Konflikte in der Familie von Tycho Brahe und kommt zu dem Schluss, dass Tycho kein typischer Patriarch ist, da er im Rahmen der patriarchalen Strukturen trotz all seiner Autorität und Dominanz nicht rein autoritär und unterdrückend handelt, zudem in der Familie hinter seinem Rücken Dinge geschehen, die sich seiner Kontrolle entziehen, und er nicht zuletzt auch Schwächen zeigt (vor allem in der Beziehung zu seiner Tochter Elisabeth und zu Kepler). Mit der Analyse der patriarchalen Motive befassen sich auch Lena Eckle und Maria Uebel, sowohl in ihrem gemeinsamen Beitrag: „Einführung: Das Wesen der Macht nach Michel Foucault“, in welchem die Autorinnen einen Fünf-Punkte-„Katalog“ zusammenstellen, mithilfe dessen sich nach Foucault verschiedene Machtbeziehungen analysieren lassen, als auch in den eigenständigen Texten: Geschlechterverhältnisse zwischen Macht und Ohnmacht und Von Meistern und Novizen – die Beziehung von Tycho Brahe zu seinen Schülern. Im ersten der beiden Einzeltexte erforscht Lena Eckle die Beziehungen zwischen Tycho und seiner Ehefrau Christina, zwischen Tycho und seiner Tochter Elisabeth und zwischen Elisabeth und ihrem Verlobten Tengnagel. Im Fazit stimmt sie der These von Agata Zofie Mirecka zu (Max Brods Frauenbilder. Im Kontext der Feminitätsdiskurse einiger anderer Prager deutscher Schriftsteller, 2014), die da lautet: Im Roman „unterwirft sich die Frau dem kulturellen Gesetz, akzeptiert ihre mangelhafte Position, stützt und ergänzt die männliche Kultur“. Im darauf folgenden Beitrag untersucht Maria Uebel die hierarchischen Beziehungen zwischen dem Lehrer und seinen Lehrlingen, insbesondere die uneindeutige Beziehung der beiden männlichen Figuren. Beide Autorinnen arbeiten mit dem Foucault’schen Begriff von Macht als allgegenwärtigem Kräftemessen sehr souverän, und ihre Analysen der machtvollen Beziehungen zwischen den Figuren sind überzeugend. Es bleibt die Frage – jedenfalls für manch eine Leserin – ob bei einer Analyse, die auf Foucaults vornehmlich soziologischer Herangehensweise basiert, der Blick auf den Text als literarisches Werk nicht vielleicht etwas zu kurz kommt.

 

Die Beziehung zwischen Tycho und Kepler ist auch Gegenstand des Beitrags von Valentina Prljic: „Mit der Schrift an sich binden“ – der Briefwechsel zwischen Tycho und Kepler. Die Autorin beschreibt, wie die Briefe sich im Laufe der Handlung von einem Kommunikationswerkzeug in ein Machtwerkzeug verwandeln. In diesem Zusammenhang ist auch der Verweis auf Kafkas Zitate über die Bedeutung der Briefe in seiner Beziehung zu Felice Bauer interessant, denn Kafka war sich der Möglichkeit, eine andere Person durch Briefe an sich zu binden, sehr bewusst. Auch der Beitrag von Maike Müller, Wissenschaft und Abhängigkeit in Brods „Tycho“-Roman, behandelt Formen von Macht und Abhängigkeit, in diesem Fall die der Lehrlinge und Wissenschaftler von der Gunst der Mächtigen. Die Autorin verortet die Handlung von Brods Roman im Kontext der Entwicklung der Wissenschaften Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts, erläutert die Reibungen zwischen zwei konkurrierenden Weltbildern und Wissenschaftsverständnissen, dem geozentrischen und dem heliozentrischen, und schildert den Konflikt des Gelehrten des humanistischen und pansophistischen Typs, den Tycho verkörpert, mit dem neuzeitlichen, rationalen Gelehrten in der Gestalt Keplers. Für das Verständnis des Romans im historischen und wissenschaftlichen Kontext ist dieser Text, der zu den längsten des Bandes gehört, sehr erhellend und anregend. Im Fazit ihres Textes stellt sich die Autorin auch die Frage, die sich bei der Lektüre des Romans Tycho Brahes Weg zu Gott sicherlich aufdrängt, nämlich: Inwiefern schildert Brod die Personen und die Handlung getreu der historischen Fakten? Diese Frage lässt sie aber offen und erwähnt nur die auffälligen Unterschiede zwischen der historischen Figur Kepler und der Romanfigur Kepler bei Brod. In diesem Zusammenhang weist Maike Müller auch (als einzige aller Autorinnen des Sammelbandes) auf die mögliche Interpretation der Beziehung der beiden Hauptpersonen als autobiografische Parallele Brod – Werfel hin, die bereits die Brod-Forscherin Margarita Pazi einführte (Max Brod. Werk und Persönlichkeit, 1970) und die auch Brod selbst in seiner Autobiografie erwähnt (Streitbares Leben, 1960). Mit der Frage, inwieweit Brods Erzählung historisch treu ist, beschäftigt sich auch Luisa Fuchs im Beitrag: Max Brods „Tycho“ – ein historischer Roman? Sie untersucht dies unter dem Blickwinkel der Genre-Typologie (nach Dieter Lamping und seinem Buch Handbuch der literarischen Gattungen, 2009) und befindet, dass Brods Roman dieser Kategorie entspricht. In der Frage der historischen Faktentreue stützt sich die Autorin auf eine zeitgenössische Rezension von Oskar Stein (in der Zeitschrift Bohemia), die Brod absolut nicht freundlich gesonnen war, ihn der groben Unkenntnis der Fakten beschuldigt und ihn verdächtigt, er beziehe seine Informationen aus Sagen und Ammenmärchen. Louisa Fuchs grenzt sich von Steins Kritik nicht ab, und es wird nicht deutlich, ob sie seine Haltung teilt. Mit der Frage, worin genau Brod von den historischen Fakten abweicht, befasst sich die Autorin nicht detaillierter. Sie konstatiert zwar, dass sich der Leser unvermeidlicherweise die Frage stellt, welche Elemente von Brods Erzählung authentisch sind und welche fiktional, und inwiefern die Figuren Kepler und Tycho ihren historischen Vorbildern treu sind. Es scheint jedoch, als sei es für sie eine ausreichende Antwort, dass Brod mit seinen Abweichungen von der historischen Wahrheit ein „Spannungsverhältnis zwischen Faktualem und Fiktionalem“ erschaffe und es im Prinzip ein „Spiel mit dem Leser“ sei. Eine tiefergehende Analyse der historischen Faktentreue hätte den Rahmen des Sammelbandbeitrags in diesem Projekt sicher gesprengt und nicht nur eine detaillierte Kenntnis der Biografien der historischen Figuren erfordert, sondern auch eine gute Vertrautheit mit der Geschichte der Astronomie. Zudem existiert eine solche Arbeit bereits, ihr Autor ist der bedeutende amerikanische Astronomie- und Physikhistoriker Edward Rosen, und es ist schade, dass die Autorin ihn in ihrem Text nicht erwähnt, da Rosen hier genau auf die Fragen antwortet, die sie stellt (Brod’s Brahe: Fact vs. Fiction, 1982). Rosen konzentriert sich auf die Figur Keplers, und für weiterführende Überlegungen über Brods Intentionen in Bezug auf diese Figur brächte eine Untersuchung der Unterschiede zwischen dem historischen Kepler und Brods literarischer Figur möglicherweise eine Reihe interessanter Interpretationsansätze. Ebenso vielversprechend wäre die Untersuchung der Frage, warum Brod – größtenteils sicherlich bewusst – von manchen Fakten abweicht, und was seine literarischen und philosophischen Absichten dabei sind.

 

Dem Thema der literarischen Gestaltung historischer Ereignisse widmet sich der Beitrag von Karolina Linerová, diesmal aus narratologischer Perspektive: „Nicht ohne einige Freiheit“ - Die Erzählinstanz in Max Brods „Tycho“-Roman. Die Autorin weist sehr überzeugend und auf hohem theoretischem Niveau nach, warum dieses Werk als moderner Roman begriffen werden kann. Dabei stützt sie sich auf die Erzähltheorie Gérad Genettes und belegt anhand eines Zitats aus dem Schlussteil des Romans die Unzuverlässigkeit der Erzählinstanz, welche die Geschichte nicht auf traditionelle Art präsentiert, sondern ihre Wahrhaftigkeit relativiert. Zu den Beiträgen aus dem Bereich der Literaturanalyse gehört auch die Studie von Sina Meißgeier, Mythologische und märchenhafte Elemente in Max Brods „Tycho“-Roman, in der sie offensichtliche und versteckte Anklänge an die antike, aber auch die nordische Mythologie untersucht. Meißgeier zufolge tragen diese Bezüge zur Ausgestaltung Tychons als patriarchale Figur bei, deren Macht und Kraft im Verlauf der Handlung immer weiter erschlaffen. Zugleich erhalte der Roman dank dieser Bezüge eine tiefere Bedeutung, die jedoch dem heutigen Leser ohne weiterführende Recherchen möglicherweise verborgen bleibe.

 

Die Rezeption des Romans, sowohl die zeitgenössische während des 1. Weltkriegs, als auch die heutige, durch die Neuausgabe bedingte, ist Gegenstand des Beitrags von Marie Kollender: Max Brods „Tycho“-Roman im Gestern und Heute: Rezeptionsgeschichte. Die Autorin führt an, dass nur deutschsprachige Rezensionen berücksichtigt werden konnten, was in gewisser Weise enttäuschend ist, da gerade eine Zusammenarbeit innerhalb eines deutsch-tschechischen Forschungsprojekts eigentlich für einen sorgfältigen Vergleich der tschechischen und der deutschen Rezeption des Werks ideale Bedingungen böte. Die tschechische Version des Romans, Tychona Brahe cesta k Bohu, die zwei Jahre nach dem deutschen Original in der Übersetzung von Adolf Wenig erschien, verhalf Brod auch in der tschechischen Literaturszene zu einigem Ruhm. Weder die tschechischen noch die deutschen Kritiken waren in ihrem Urteil einhellig, und ein Vergleich wäre durchaus interessant. Wenn der Grund für die Aussparung der tschechischen Rezeption von Brods Roman darin bestand, dass ein kurzer Überblick über die tschechische und deutsche zeitgenössische Rezeption bereits im Band Max Brod (1884–1968). Die Erfindung des Prager Kreises (2016) enthalten ist, hätte Marie Kollender in ihrem Beitrag gerade darauf verwiesen können – insbesondere, da die Autorin den Band für Zitate aus Primärquellen verwendet und in diesem Zusammenhang zwar auch auf das Buch verweist, jedoch den konkreten Beitrag der Brod-Forscherin Gaëlle Vassogne nicht erwähnt. Die Autorin beschäftigt sich sowohl mit der historischen Rezeption des Werks, als auch mit der heutigen, die auf die Neuausgabe von 2013 reagiert. Während der Überblick über die heutigen Reaktionen auf Brods Roman für einen Eindruck von der aktuellen Wahrnehmung Max Brods erhellend ist, bietet die Bewertung der zeitgenössischen Rezensionen kein komplettes Bild, da sie nur durch einen einzigen Text belegt wird (den auch Louisa Fuchs in ihrem Beitrag verwendet, s. o.). Die Autorin stellt mit Bedauern fest, dass „relativ wenige Rezensionen zu finden sind“, obwohl sie zugleich aus Brods Brief an Paul Kisch zitiert, und hier erwähnt Brod „ca. 40 Kritiken, die ich zu Gesicht bekam“. Das Auffinden dieser Kritiken in den Periodika ist zweifelsohne eine komplizierte Aufgabe, die sich die Autorin aber hätte vereinfachen können, wenn sie die gedruckt publizierte Bibliografie zum Werk von Max Brod aus dem Jahr 1970 verwendet hätte, die auf sechzehn zeitgenössische Rezensionen verweist. Die Analyse von nur einer einzigen, deutlich negativen Rezension und ein Verweis auf eine weitere, in einem Brief Franz Kafkas erwähnte, wird dem Erfolg, den Brod mit seinem Roman hatte, nicht gerecht.

 

Außer vielen interessanten Analysen des Romans, und hier sei der Beitrag von Johanna Wildenauer hervorgehoben – Gottesbild und religiöse Motive in „Tycho Brahes Weg zu Gott“ – bieten die Arbeiten der Autorinnen auch ein Nachdenken über weiterführende Themen, die von der Romanhandlung direkt oder indirekt abgeleitet sind. Zum Beispiel über die Frage nach Heimat und Exil, und zwar sowohl im Fall der Hauptfigur des Romans, als auch bei Brod selbst. Karin Polcarová betrachtet in diesem Zusammenhang vor allem die Werke von Brod, die er nach dem 2. Weltkrieg schrieb: Max Brods Zeit im Exil: Heimat im Gelobten Land? Sie bemerkt die nachträglichen Rückprojektionen in seinem Bild von Prag, sowohl bezüglich der Zeit seiner Jugend als auch der zweiten Hälfte der 30er Jahre, mit allen Schatten, die diese Zeit mit sich brachte, und befasst sich auch mit dem Bild von Brods neuer Heimat, die laut der Autorin „positiv“ geschildert wird. Das Fragezeichen in der Überschrift lässt erahnen, dass es auf die Frage, ob die „wahre“ Heimat für Brod seine Geburtsstadt oder Palästina resp. Israel war, wo er das letzte Drittel seines Lebens verbrachte (gänzlich vernachlässigt bleibt die Tatsache, dass Brod sich zunächst um eine Emigration in die USA bemühte und sich erst, als der Plan, einen Posten an einer amerikanischen Universität zu erhalten, gescheitert war, einer anderen, mit Blick auf seine zionistische Gesinnung nachvollziehbaren Lösung zuwandte), keine eindeutige Antwort gibt. Auf den Text von Polcarová folgt der Beitrag Tycho Brahes Suche nach Heimat von Laura Schar mit spannenden Verweisen auf Jean Amérys Gedanken zur Unmöglichkeit, eine Heimat zu finden, wenn man aus der eigenen Heimat vertrieben wurde, sowie auf Bernhard Schlinks Heimat als Utopie (2000), wobei Tycho laut der Autorin zwischen diesen beiden Positionen oszilliert. Äußerst relevant ist auch der Verweis auf die Beiträge im vorhergehenden Band, der Hans Natonek gewidmet ist (Ich träumte: ich saß in der Schule der Emigranten... Der jüdische Schriftsteller und Journalist Hans Natonek aus Prag, 2016); zudem durchzieht das Thema des Heimatverlusts die gesamte Reihe, was bei der Auswahl der Autorinnen und Autoren (außer Natonek und Brod geht es hier zum Beispiel noch um Lenka Reinerová, Anna Seghers und E. E. Kisch, der letzte Titel handelt von Oscar Baum) nicht überrascht.

 

Der Textblock, in dem der Roman Tycho Brahes Weg zu Gott analysiert wird, wird von zwei faktografischen Beiträgen gerahmt. Gleich in der Einleitung wandelt Lucie Semerádová Auf den Spuren von Max Brod in Prag und legt einen Katalog von zehn Orten an, die mit Brods Leben in Prag verbunden sind. In diesen Beitrag haben sich leider ein paar Fehler eingeschlichen, die durch ein sorgfältigeres Lektorat hätten vermieden werden können. Die Familie Brod wohnte in dem Haus in der Haštalská 25, wo Max Brod geboren worden war, nicht bis zu Brods Hochzeit, wie die Autorin behauptet, sondern zog sehr bald in den repräsentativeren Wohnsitz in der Skořepka um, der zum Ort zahlreicher Besuche von Brods Freunden wurde, wo Kafka erstmals Brods entfernte Cousine Felice traf usw., und dort zog Brod dann erst im Zusammenhang mit seiner Hochzeit im Jahr 1913 aus. Das Kaffeehaus Savoy, wo die galizische Schauspielergruppe unter Leitung von Jitzak Löwy im Jahr 1911 auftrat und die sich am Platz Kozí plácek in der Prager Altstadt befand, darf nicht verwechselt werden mit dem heutigen Café Savoy in der Vítězná-Straße an der Grenze zwischen den Stadtteilen Smíchov und Malá Strana (Kleinseite). Das Stefans-Gymnasium, nicht in der Prager Altstadt, sondern in der Neustadt gelegen, wurde später nicht „umbenannt“ in das Akademické gymnázium (Akademische Gymnasium), das sich in diesem Gebäude heute befindet, sondern diese viel ältere Institution zog im Jahr 1945 in das Gebäude des ehemaligen deutschen Gymnasiums um usw. Der Sammelband schließt mit einer Überblickstabelle über Brods Lebensdaten, erstellt von Katharina Flemming und ergänzt um einige Ereignisse nach Brods Tod, einschließlich des medial begleiteten Streits um Brods Erbe.

 

Es ergibt sich aus der Sache selbst, dass in einem aus studentischen Arbeiten bestehenden Band nicht alle Themen umfassend behandelt werden können, und an manchen der formulierten Thesen könnte man berechtigte Kritik üben. Aus der Perspektive der „Benutzerfreundlichkeit“ wäre es manchen Lesenden vielleicht entgegengekommen, wenn die Beiträge am Ende auch eine Liste der verwendeten Literatur angehängt bekommen hätten, denn das Heraussuchen der Verweise aus den Fußnoten ist nicht gerade bequem. Doch trotz dieser kleineren Einschränkungen ist dieses Buch eine wertvolle und nützliche Publikation, die für die Leserinnen und Leser des Brod’schen Romans über die beiden berühmten Astronomen ein hilfreiches und willkommenes Kompendium bieten kann. Nicht zuletzt zeichnet sich der Band vielerorts durch die Originalität der Beiträge aus, und er ist ein überzeugendes Argument dafür, dass sich dieser Roman Brods auch noch mehr als 100 Jahre nach seiner Ersterscheinung zu lesen lohnt, wobei die tschechische Leserschaft derzeit noch auf eine Neuausgabe warten muss.

 

Übersetzung: Lena Dorn

 

 

Viera Glosíková / Sina Meißgeier / Ilse Nagelschmidt (Hg.): Zwischen Wissenschaft und Religion – „Tycho Brahes Weg zu Gott“ von Max Brod. Frank & Timme, 2019, 210 S.


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